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Dieses Trainingsvideo widmet sich den grundlegenden Anforderungen, die jetzt nicht mehr essential requirements, sondern „General Safety and performance requirements“ heißen. Auf deutsch übersetzt: „Grundlegende Sicherheits- und Leistungsanforderungen“.
Weiterhin müssen Medizinprodukte diese Anforderungen einhalten, wie Sie gleich im Artikel 5 im zweiten Absatz lesen können. Dort findet man auch gleich einen Verweis auf den Anhang I.
Ein erster Blick in den Anhang I mag erst einmal erschrecken. Doch schauen wir uns die Kapitel genauer an. Zuerst gibt es wieder ein Kapitel für die allgemeinen Anforderungen. Die gab es in der MDD auch. Dann folgt ein zweites Kapitel „Requirements regarding design and manufacturing“. Dessen erstes Unterkapitel heißt „10. Chemical, physical and biological properties“. Ein identisch lautendes Unterkapitel enthielt die MDD ebenfalls.
Ganz unten sehen Sie Anforderungen an das Labeling. Und auch die kannte die Medizinprodukterichtlinie in den Kapitel 13 und 14.
Generell lässt sich feststellen, dass die Anforderungen sehr vergleichbar geblieben sind. Aber es gibt doch einige Unterschiede. Die muss es auch geben, denn der Umfang hat sich von etwa 4300 auf 8100 Wörter fast verdoppelt.
Ein „technical committe“ der ISO mit der Nummer 121/SC2, das sich sonst mit Herzlungenmaschinen beschäftigt, hat sich die Arbeit gemacht, und ein Vergleichsdokument zu erstellen.
Sie sehen hier den Beginn des Vergleichs. Den ersten Abschnitt haben die MDR-Autoren wortwörtlich übernommen und nur durch einen Nebensatz ergänzt. Aber dann haben Sie wie hier in der zweiten Zeile Abschnitte eingefügt, die keine Entsprechung in der MDD haben. In diesem Fall fordert die MDR expliziter als die MDD ein Risikomanagement.
Wir haben nicht die Zeit, diese Tabelle Zeile für Zeile durch zu gehen. Aber zwei Angebote habe ich für Sie.
In dieser Mindmap sehen Sie eine erste Zusammenfassung. Die Änderungen habe ich nach den folgenden Themen gruppiert:
Dass der Risikomanagementprozess explizit erwähnt wird, hatte ich schon genannt. Auch ist jetzt noch klarer gefordert, dass jedes einzelne und das Gesamtrisiko zu minimieren und zu akzeptieren seien. Die ISO 14971:2012 schimmert sehr deutlich durch.
Die Nutzungsumgebung muss noch stärker beim Risikomanagement berücksichtigt werden. Das erwähnt die MDR einmal bei den allgemeinen Anforderungen, aber auch bei den Messfunktionen. Und ganz im Sinn der IEC 60601-1-11 und IEC62366-1 muss der sichere Gebrauch durch Laien gewährleistet sein, wenn diese als Anwendergruppe spezifiziert sind.
Der Software widmet die Verordnung deutlich mehr Platz. So müssen negative Wechselwirkung zwischen Software und der IT-Umgebung vermieden werden. Die Autoren haben wohl auch Krankenhäuser mit vernetzten Medizinprodukten und IT-Systemen im Kopf. Die IEC 80001-1 lässt grüßen. Die Interoperabilität und Kompatibilität thematisiert die MDR ebenfalls.
Dass auch stand-alone Software wiederholbare und zuverlässige Leistung zeigen muss, überrascht mich nicht. Aber die Forderung nach stand-alone Software, die Risiken im Erstfehlerfall vermeiden oder minimieren muss, lässt mich fürchten, dass Auditoren einkanalige Systeme, und das ist stand-alone Software fast immer, als gesetzeswidrig einstufen. Das sagt die MDR auch nicht.
Den State-of-the art fordert die MDR nicht nur bei der Entwicklung, sondern jetzt auch bei der Herstellung. Ob damit Buildprozesse, das Brennen auf Datenträger oder die Verteilung über App-Stores meint, werden wohl künftige MEDDEVs und ähnliche Dokumente klären.
Dass die IT-Sicherheit und die Mobilplattformen thematisiert werden, ist verständlich.
Die Anforderungen an die aktiven Medizinprodukte unterscheiden sich nicht fundamental. Zu den größten Änderungen zählt, dass die grundlegenden Anforderungen auch die aktiven implantierbaren Medizinprodukte adressieren.
Andere Ergänzungen erscheinen wir eher aus der IEC 60601-1 übernommene Forderungen, wobei sich mir nicht erschließt, nach welchen Kriterien dies geschah.
Beim Labeling haben sich die Anforderungen vervielfacht. Teilweise wurden sie nur präzisiert wie bei den Warnungen, den Informationen über verbleibende Risiken. Zum Teil sind sie aber auch komplett neu. Die UDI mit den menschen- und maschinenlesbaren Labels ist sicher der prominenteste Vertreter.
Neu in dieser Form sind auch die Anforderungen, dass die Hersteller Informationen darüber bereitstellen müssen, mit denen die Nutzer selbst prüfen können, ob die richtige Software, das richtige Zubehör ausgewählt wurden und ob das Gerät korrekt installiert und sicher betriebsbereit ist.
Die Nutzer müssen auch darauf hingewiesen werden, dass sie ernste Zwischenfälle melden müssen. Eine solche Forderung enthält ja auch die MPSV. Nur hat sich bisher kaum jemand darum geschert. Mit den neuen Forderungen an das Vigilanzsystem hofft man anscheinend, den Informations-Rückkanal von den Anwendern zu den Herstellern und Behörden zu verbessern.
Die Anforderungen an die chemischen, physikalischen und biologischen Eigenschaften der Produkte wurden so umfangreich geändert, dass wir sie nicht einzeln vorstellen können.
Zum Schluss noch zu einigen allgemeinen Anforderungen:
Die Interoperabilität ist nicht nur bei Software, sondern bei allen Produkte zu gewährleisten, ebenso die sichere Entsorgung. Die Verordnung will, dass das Gerät über den ganzen Lebenszyklus und dem gesamten bestimmungsgemäßen Gebrauch sicher arbeitet. Sei es bei der Installation, Kalibrierung oder Wartung.
Kein Zweifel, der Umfang der Anforderungen ist gestiegen. Diese heißen jetzt ja „essential saferty and performance requirements“. Da die Herstelle die harmonisierten Normen nutzen, erfüllen sie diese Anforderungen weitgehend schon. Von wenigen Ausnahmen wie der UDI natürlich abgesehen.
Eine weitere Änderung betrifft die technische Dokumentation, der nun ein ganzer Anhang gewidmet ist. Bei der MDD musste man so dokumentieren, dass der Nachweis erbracht wurde, dass die grundlegenden Anforderungen erfüllt sind. Die MDR wird bei der Dokumentation deutlich spezifischer.
Sie sehen hier die Struktur des entsprechenden Anhangs II. Zunächst möchte ich auf die „Device description und specification“ in Abschnitt 1.1 eingehen.
Diese Tabelle vergleicht die diesbezüglichen Anforderungen der MDD und MDR. Sie sehen, dass die MDR viele Dinge explizit beschrieben haben will wie die vorgesehene Patientenpopulation, eine Erklärung, was an dem Produkt neu ist, wobei sogar auf Vorgängerprodukte oder ähnliche Produkte verwiesen werden soll.
Die meisten Aspekte kannte die MDD bereits. Aber jetzt sind sie konkret gefordert.
Die Informationen, die die MDR von den Herstellern einfordert beschränkt sich aber nicht nur auf das Produkt selbst.
Die Entwicklung, die Herstellung, die Verifizierung und Validierung der Produkte sind ebenso zu beschreiben wie klinische und präklinische Daten. Die Ergebnisse der elektromagnetischen Verträglichkeit nennt die MDR ebenso wie den Plan für das Post-Market Clinical Follow-up.
Speziell bei Klasse I-Produkten, bei denen Hersteller über kein QM-System verfügen, sind die Unterschiede spürbar: Wer alle wesentlichen Prozesse und Vorgehen beschreibt, ist von einem QM-System nicht mehr weit entfernt.
Ebenfalls erwähnenswert sind die Common Specifications. Hier behält sich die Kommission de-facto eigene Standards zu etablieren, wenn die harmonisierten Normen nicht ausreichen. Klingt da der Streit zwischen Kommission und Normengremien durch? Noch ist es zu früh, über die Common Specifications mehr zu sagen. Dazu wird es ein eigenes Trainingsvideo geben.
Zum Schluss möchte ich Ihnen die Änderungen vorstellen, die speziell die Software betreffen.
Die Hersteller müssen den Entwicklungsprozess explizit beschreiben, ebenso die Planungen und Ergebnisse der Verifizierung und Validierung. Dies soll In-house-Tests ebenso betreffen wie Tests in einer simulierten oder tatsächlichen Umgebung – und zwar vor dem finalen Release. Wahrscheinlich sind hier Usability-Aspekte zu prüfen. Aber es geht auch um unterschiedliche Hardware-Konfigurationen und Betriebssysteme.
Das alles wird Hersteller nicht schocken, die FDA und IEC 62304 konform entwickeln. Aber der Detailgrad lässt doch vermuten, wie wichtig die Software auch in den Augen der Kommission geworden ist.
Die grundlegenden Anforderungen haben sich nicht dramatisch verändert. Sie wurden um die AIMDD Anforderungen ergänzt. Das Risikomanagement spielt eine größere Rolle. Die Interoperabilität und IT-Security sind in dieser Form neu. Und die Anforderungen an das Labeling haben deutlich an Umfang zugenommen.
Bei der technischen Dokumentation werden manche Hersteller stöhnen. Anderen werden es zu schätzen wissen, dass die diesbezüglichen Anforderungen konkreter geworden sind und sich nicht erst aus den entsprechenden Normen ergeben. Dass den Normen mit den „Common Specification“ ein alternatives Instrument zur Seite gestellt wird, hatte ich erwähnt.
Und damit schließt dieses Trainingsvideo.
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