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Die MDR hat die Anforderungen an die klinische Bewertung und den sogenannten Post-Market Clinical Follow-up (PMCF) im Vergleich zur MDD deutlich erweitert und konkretisiert. Dieses Video verschafft Ihnen einen Überblick über die Anforderungen und gibt Tipps zur Umsetzung.
Natürlich sollten wir erst klären, was eine klinische Bewertung und was ein Post-Market Clinical Follow-up ist.
Die MDR definiert eine „klinische Bewertung“ als einen systematischen und geplanten Prozess zur kontinuierlichen Generierung, Sammlung, Analyse und Bewertung der klinischen Daten zu einem Produkt, mit dem Sicherheit und Leistung, einschließlich des klinischen Nutzens, des Produkts bei vom Hersteller vorgesehener Verwendung überprüft wird;
Damit wir schon klar, dass eine klinische Bewertung nicht mit einer klinischen Prüfung gleichgesetzt werden darf. Das wird noch deutlicher, wenn wir uns die Definition des Begriffs „klinische Daten“ ansehen.
"klinische Daten" definiert die MDR als Angaben zur Sicherheit oder Leistung, die im Rahmen der Anwendung eines Produkts gewonnen werden und die aus den folgenden Quellen stammen:
D.h. die klinischen Daten stammen aus klinischen Prüfungen mit dem eigenen Produkt oder mit einem anderen Produkt. Statt des Begriffs klinische Prüfung verwendet man synonym auch den Begriff der klinischen Studie.
Ebenfalls zählen zu den klinischen Daten Informationen in der der wissenschaftlichen Fachliteratur insbesondere über klinische Erfahrungen mit dem gleichen oder mit vergleichbaren Produkten. Schließlich sind auch die Post-Market-Daten Teil der klinischen Daten.
Basierend auf diesen Daten erfolgt die klinische Bewertung. Deren Ziel – Sie erinnern sich vielleicht – besteht darin, nachzuweisen, dass die Sicherheit und Leistung des Produkts, einschließlich dessen klinischen Nutzens, tatsächlich erreicht werden.
Beispielsweise müsste man bei einem HF-Chirurgie-Gerät prüfen, ob man wirklich wie versprochen Gewebe mit der angegebenen Geschwindigkeit und Genauigkeit trennen kann ohne benachbartes Gewebe zu schädigen.
Die klinischen Prüfungen sind wie gesagt ein Weg, diese Daten zum Nachweis zu sammeln.
Die MDR definiert eine klinische Prüfung als „eine systematische Untersuchung, bei der ein oder mehrere menschliche Prüfungsteilnehmer einbezogen sind und die zwecks Bewertung der Sicherheit oder Leistung eines Produkts durchgeführt wird.
An die klinische Prüfung stellt die MDR sehr umfangreiche Anforderungen. Auf der rechten Seite ist eine Übersicht über die Artikel des Kapitels VI zu den klinischen Bewertungen und klinischen Prüfungen. Dazu gibt es nun 21 Artikel. Bei der MDD gab es keinen einzigen, der konkrete Forderungen erhob.
Bis auf den ersten Artikel, den Artikel 61, betreffen alle die klinische Prüfung. Die soll aber nicht im Fokus dieses Videos stehen.
Aber auch die Anforderungen der MDR an die klinische Bewertung sind umfangreich. Es ist zwar nur ein Artikel, aber der entsprechende Teil A des Anhangs XIV umfasst 5 Seiten. Sie MDD kam mit einer Seite aus – inklusive klinischer Prüfung.
Dass die Forderungen entsprechend konkret geworden sind, ahnen Sie. Verschaffen wir uns einen Überblick.
Eine der ersten Anforderungen besteht darin, dass Sie vorab festlegen und begründen müssen, welchen Umfang der klinische Nachweis (auf Englisch „clinical evidence“) notwendig ist, um eben den Beweis zu erbringen, dass das Produkt sicher ist und das leistet was es verspricht.
So ist klinischer Nachweis auch definiert:
Er „bezeichnet die klinischen Daten und die Ergebnisse der klinischen Bewertung zu einem Produkt, die in quantitativer und qualitativer Hinsicht ausreichend sind, um qualifiziert beurteilen zu können, ob das Produkt sicher ist und den angestrebten klinischen Nutzen bei bestimmungsgemäßer Verwendung nach Angabe des Herstellers erreicht“.
Um den Umfang des klinischen Nachweises festlegen zu können, müssen Sie folglich sehr genau den angestrebten Nutzen festlegen. Das geht über die reine Zweckbestimmung hinaus.
Es würde beispielsweise nicht genügen zu behaupten, dass eine Software basierend auf Bewegungsmustern eine beginnende Demenz diagnostizieren kann. Sie müssten eher die Sensitivität und Spezifität die Software festlegen. Sie behaupten beispielsweise, mit der Software 70% der Menschen mit beginnender Demenz identifizieren zu könnten (Sensitivität) und 95% der identifizierten Patienten hätten auch tatsächlich Demenz. Das ist die Spezifität. Dann müssen Sie diesen Nachweis auch erbringen. Das wiederum hat eine direkte Auswirkung auf die Anzahl der Probanden in einer entsprechenden Studie. Das wäre ein Beispiel für den Umfang des klinischen Nachweises.
Für viele Hersteller besteht die Herausforderung nicht nur darin, diesen Umfang zu bestimmen. Vielmehr müssen sei erst einmal die eigenen Claims genau festlegen. Davor drücken sich viele gerne.
Die nächste Anforderung ist der Plan. Er muss die eben genannten Claims ebenso enthalten wie die den Umfang des klinischen Nachweises und die Methoden: Diese reichen von der Literaturrecherche bis zur klinischen Prüfung.
Die Berücksichtigung der wissenschaftlichen Literatur zählt dabei zu den Mussmethoden.
Auch muss man bei der klinischen Bewertung alternative Behandlungsoptionen berücksichtigen. Das sollten Sie aber bereits wegen der Risikoakzeptanz tun. Denn die muss den Stand der Technik berücksichtigen. Risiken können ja nur dann akzeptabel sein, wenn der Nutzen das Risiko überwiegt. Und der Nutzen wird nicht am Nichtstun gemessen, sondern am Stand der Technik.
Der erste Ansatz besteht meist darin, anhand der bestehenden Literatur nachzuweisen, dass das Produkt sicher ist und die versprochenen Leistungsmerkmale erfüllt. Beim Vergleich mit den Literaturdaten müssen Sie sicherstellen, dass diese Daten auch vergleichbar sind. Konkret verlangt die MDR, dass die Daten von einem Produkt stammen, das technisch, biologisch und klinisch vergleichbar ist. Klinisch vergleichbar bedeutet z.B. mit der gleichen Zweckbestimmung oder unter den gleichen klinischen Bedingungen.
Von Ausnahmen abgesehen, sind Hersteller von implantierbaren Produkten und Produkten der Klasse III immer zu einer klinischen Prüfung verpflichtet.
Die MDR verknüpft die klinische Bewertung eng mit dem Post-Market Clinical Follow-up, an den sie auch detaillierte Anforderungen stellt.
Bevor ich gleich dazu komme zu sagen, was ein Post-Market Clinical Follow up ist, noch ein kurzer Gedanke: Die MDR hat die Anforderungen im Vergleich zur MDD wirklich substanziell erhöht. Aber – und das ist die gute Nachricht: Wenn Sie konform mit der MEDDEV 2.7.1 rev. 4 arbeiten, dürften Sie die allermeisten dieser Anforderungen bereits erfüllen.
Ich sagte gerade, dass die klinische Bewertung und die PMCF eng miteinander verbunden sein müssen. Die MDR schreibt dazu im Artikel 61:
„Die klinische Bewertung und die dazugehörigen Unterlagen sind während des gesamten Lebenszyklus des Produkts anhand der klinischen Daten zu aktualisieren, die sich aus der Durchführung des Plans für die klinische Nachbeobachtung nach dem Inverkehrbringen des Herstellers gemäß Anhang XIV Teil B und dem Plan zur Überwachung nach dem Inverkehrbringen gemäß Artikel 84 ergeben.“
Die MDR stellt sich das wie folgt vor: Die Hersteller führen eine klinische Bewertung durch, in dem sie klinische Daten z.B. aus der Literatur oder von klinischen Studien auswerten.
Diese klinische Bewertung aktualisieren sei kontinuierlich d.h. mindestens jährlich. Dafür nutzen Sie die Daten aus der neusten Literatur, aus der Marktüberwachung, der Post-Market-Surveillance, und eben auch aus den Post-Market Clinical Follow-up.
Diesen Post-Market Clinical Follow up nennt man auf Deutsch „klinische Nachbeobachtung“. Die MDR definiert diese „klinische Nachbeobachtung“ als den nach fortlaufender Prozess nach dem Inverkehrbringen des Produkts zur Aktualisierung der klinischen Bewertung gemäß Artikel 61 und Teil A das Anhangs XIV.
Die MDR schreibt explizit, dass dieser PMCF eine proaktive Sammlung und Bewertung klinischer Daten ist, die das Ziel verfolgt – ich zitiere – „die Sicherheit und die Leistung während der erwarteten Lebensdauer des Produkts zu bestätigen, die fortwährende Vertretbarkeit der ermittelten Risiken zu gewährleisten und auf der Grundlage sachdienlicher Belege neu entstehende Risiken zu erkennen“.
Sie erkennen, dass die klinische Nachbeobachtung die gleichen Ziele verfolgt wie die klinische Bewertung. Sie beginnt aber erst mit der Inverkehrbringung des Produkts.
Und genau wie die klinische Studie geplant werden muss, verlangt die MDR auch für den PMCF einen Plan. Diese sollte Folgendes umfassen:
Dass das alles zu dokumentieren und dass die klinische Bewertung zu aktualisieren ist, versteht sich wahrscheinlich von selbst.
Damit habe ich Ihnen die wichtigsten Forderungen der klinischen Bewertung und der klinischen Nachbeobachtung vorgestellt.
Dass wir auf die klinischen Studien in diesem Video nicht eingehen, habe ich auch angekündigt. Aber ein bisschen was möchte ich doch dazu sagen:
Es stellt sich die Frage, wann klinische Studien notwendig sind. Bei Produkten der Klasse I, IIa und IIb, die zudem nicht implantierbar sind, hängt die Entscheidung davon ab, ob bereits ausreichend Daten vorhanden sind, um den Nachweis zu bringen, dass das Produkt sicher ist und den versprochenen Nutzen erfüllt.
Ist das der Fall, bedarf es keiner klinischen Studie sprich Prüfung, andernfalls eben doch.
Bei implantierbaren Produkten oder Produkten der Klasse III ist in der Regel eine klinische Prüfung vorgesehen. Aber einige Ausnahmen sehen Sie: Wenn das Produkt eine Weiterentwicklung eines bereits verkauften Produkts ist, oder wenn es vor Gültigkeit der MDR bereits in den Markt gebracht wurde oder wenn es eine Ausnahmeregel gibt oder wenn es ein äquivalentes Produkt ist, dessen komplette Akte zur Verfügung steht: Dann darf man auf die klinische Prüfung verzichten.
In jedem Fall verlangt die MDR aber den Post-Market Clinical Follow-up, der solange die klinische Bewertung aktualisiert muss, wie das Produkt im Markt ist.
Während bei der MDD der Post-Market Clinical Follow-up gerade mal erwähnt wurde, widmet die MDR dem einen eigenen Artikel und einen großen Teil des Anhangs XIV. Sie definiert nun auch den Begriff und bestimmt die Ziele des PMCFs. Die MDR stellt Anforderungen auch an die Planung der klinischen Nachbeobachtung und verlangt die Verweise auf die klinische Bewertung und die Risikomanagementakte, die damit zu aktualisieren sind.
In diesem Trainingsvideo habe ich Ihnen die Definitionen der Begriffe klinische Bewertung, klinische Daten, klinische Prüfung, klinischer Nachweis und klinische Nachbeobachtung – den Post-Market Clinical Follow-up vorgestellt.
Wir sind auf die Anforderungen der MDR eingegangen, zum einen an die klinische Bewertung und zum anderen an die klinische Nachbeobachtung.
Die klinischen Prüfungen waren nicht Gegenstand, aber Sie haben eine erste Vorstellung davon, wann eine solche Prüfung verlangt ist.
Den Begriff der "Post-Market Surveillance", nicht zu verwechseln mit "Post-Market Clinical Follow-up", haben wir nur gestreift, aber nicht definiert. Aber dafür gibt es ja weitere Videos.
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